Preisverleihung: IGNORO 2009 geht an Ministerin Conrad

Im Jahr 2008 hatte pro iure animalis erstmals den IGNORO verliehen, einen Preis für herausragende "Verdienste" wider den Tierschutzgedanken. Dabei konzentriert sich die Tierrechtsinitiative bei der Nominierung der Preisträger auf Persönlichkeiten aus Rheinland-Pfalz.

Frau Margit Conrad, Ministerin für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz, ist die diesjährige Preisträgerin. Die Jagd und auch Tier- und Umweltschutz fallen in das Aufgabengebiet der Ministerin; dass die Interessen dieser beiden Aktionsfelder schier unvereinbare Standpunkte darstellen, begründet sich in der Sache selbst, hat doch die Jagd eindeutig die größere Lobby, was den Tierschutz regelmäßig und fortwährend unter die Räder kommen lässt. Dieser Lobbyismus wird von Frau Conrad mitgetragen, indem die Jagd immer noch in absurder Form als aktiver Umwelt-, Tier- und Naturschutz propagiert wird. Die Presseabteilung des Ministeriums bezeichnet die Ministerin für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz auch mal gerne in offiziellen Verlautbarungen als "Jagdministerin".

Der Standpunkt, den die "Jagdministerin" einnimmt, lässt natürlich keine adäquate Beschäftigung mit den Belangen des Tierschutzes zu; jede sachliche und fachliche Auseinandersetzung würde sehr schnell die Absurditäten in der Argumentation der Jagd-Lobby an den Tag fördern und müsste dann zwingend ein Handeln im Sinne des Tierschutzes nach sich ziehen. Um sich diesem Spannungsfeld zu entziehen, verzichtet Frau Conrad von vorn herein - trotz mehrfachem Gesprächsangebot - auf den Dialog mit Tierrechtlern und Tierschützern. 
Bei dem Entwurf zur Novellierung des Landes-Jagdgesetzes aus dem Hause Conrad bleibt der Tierschutz dann vollends auf der Strecke, bleibt doch Fallenjagd und Haustierabschuss weiterhin erlaubt.

All diese Aspekte haben Frau Conrad zum "IGNORO 2009" verholfen. pro iure animalis hat am 20. Januar 2009 der Ministerin die Urkunde mit einer Laudatio per Post zukommen lassen. Die Urkunde zeigt die Zeichnung des überfahrenen Igels "Ignoro" - die Reifenspur auf seinem Rücken symbolisiert das Unter-Die-Räder-Kommen des Tierschutzes.

Mit der Verleihung dieser provokanten Auszeichnung verbinden die Tierrechtler die Hoffnung, einen Impuls dahingehende setzen zu können, dass endlich umfassend die Aspekte des Tierschutzes in die Diskussion um die Jagd und Jagdpraktiken mit einbezogen werden.

 

Laudatio für Frau „Jagdministerin“ Margit Conrad

anlässlich der Verleihung des IGNORO 2009


Sehr geehrter Frau Conrad,

lange waren wir im Zweifel, ob wir nicht als Anrede „Sehr geehrte Frau Jagdministerin Conrad“ wählen sollten. Davon haben wir dann Abstand genommen. Das Wort „Jagdministerin“ lässt bei historisch orientierten Menschen den Begriff „Reichsjägermeister“ im gedanklichen Hintergrund erscheinen, was sicher nicht in Ihrem Sinne gewesen wäre. Aus diesem Grund behalten wir die neutrale Anrede „Sehr geehrte Frau Conrad“ bei. Trotzdem sollten Sie Ihrer Pressesprecherin doch gelegentlich den dezenten Hinweis geben, dass es in Rheinland Pfalz keinen Jagdminister gibt, auch wenn sie das smart finden mag. Mit gleichem Recht könnte Sie ja dann jemand „Wasserministerin“, „Luftministerin“, „Lärmministerin“ oder gar „Abfallministerin“ nennen. Aber ob Ihnen das gefallen würde? Wir wissen es nicht.

conrad_ignoro_urkunde.jpgSie können stolz sein. Nach Herrn Dr. Wiesemann, seines Zeichens katholischer Bischof zu Speyer, dem es letztes Jahr mit Leichtigkeit gelang, den IGNORO zu erringen – dank der Tatsache, dass seine Kirche die Tierwelt aus ihrem Blickfeld verbannt hat – sind Sie die herausragende, unangefochtene Siegerin des Jahres 2009.

Vielleicht sollten Sie sich doch gelegentlich – eventuell nach einer Hubertusmesse - mit Herrn Wiesemann zu einem Gläschen Pfalzwein verabreden; Gedankenaustausch zur Verschlechterung des Tierschutzes kann immer befruchtend wirken. Mit viel Glück lässt Herr Wiesemann Sie auch im Dom während einer Hubertusmesse zu Wort kommen, wenn Ihr Jägerklientel andächtig versammelt ist und sie können gemeinsam die Vorteile des Natur- und Tierschutzes mit dem Gewehr verdeutlichen.

Mit dem IGNORO  wird – wie Sie wissen – eine Person aus Rheinland-Pfalz  ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise gegen den Tierschutzgedanken „verdient“ gemacht und sich beispiellos für die Beibehaltung von Tierleid und Tierelend eingesetzt hat.
 
Freuen Sie sich also über das Bild des überfahrenen Igels „IGNORO“ auf der Urkunde, der mit einer Reifenspur über seinem Rücken symbolisieren soll, wie dank Ihrer aufopfernden Unterstützung der Tierschutzgedanke unter die Räder kommt bzw. gekommen ist.

Doch nun zu Ihren Verdiensten im Detail.

Wunderbar ist es für den Bürger, wenn eine Ministerin, also eine Dienerin des Staates und des Volkes, zum Jahreswechsel aus den Geheimnissen ihrer persönlichen Wildkochkunst plaudert und Rezepte empfiehlt. Schön, dass Sie dafür Zeit finden, Zeit, die ihnen dann naturgemäß zu Gesprächen mit Tierschützern fehlt. Aber auch Sie können sich nicht zerreißen; erfreuen doch Rezepte zum Verzehr von Tierleichen immer den Leser.

Es sei ein Hinweis gestattet, an dem Sie vielleicht Freude haben. Laden Sie doch Ihren Chef, den Herrn Beck mal zum „Sauschnüssel-Essen“ ein, es ist sein Lieblingsgericht; so etwas kann Ihrer Karriere nur förderlich sein. Herr Beck hält sich ja auch für einen großen Tierfreund, so dass Sie ausreichend Gesprächsstoff haben; tote Schweine aber sind ihm anscheinend auf dem Teller genug der Tierliebe – und da sprechen doch böse Zungen von Wahrnehmungsspaltung; das eine Tier streichelt man, das andere isst man.

Lassen Sie sich nicht beirren. Frau Conrad, auch Ihr Webefeldzug für Wildschweinkadaverteile, die mit Schokolade überzogen wurden, war einfach perfekt. Mit den „Wildpralinen“ trafen Sie doch genau den Geschmack des kultivierten Bürgers, der schon immer totes Wildschwein mit Schokoladenüberzug versuchen wollte. Ein Höhepunkt für einen Gourmet. Sie haben sich bleibende Verdienste bei Chocolatiers und Wildschweinschlächtern erworben.

Eine Meisterleistung war auch die Kormoran-Verordnung. Ist es doch Ihnen gelungen, ein artengeschütztes Tier wieder zum Abschuss freizugeben, da den letzten Berufsfischern diese bösen Vögel alle Fische wegfressen und dabei einen solchen Schaden anrichten, der bis heute nicht beziffert werden konnte.

Sehr geehrte Frau Conrad, die Kormoran-Verordnung konnten Sie nur noch durch den Plan der Jagdgesetznovellierung toppen. Eine Novellierung, die, wenn sie denn so verabschiedet wird, das bestehende schlechte Jagdgesetz noch weiter verschlechtert und als Beispiel für die anderen Bundesländer gelten kann. Sie haben sich hierzu zwei exzellente Fachleute an Ihre Seite geholt, die den Natur- und Tierschutz mit dem Gewehr als Bestandteil ihrer Forstausbildung von Grund auf gelernt haben. Gemeint sind die geistigen Väter des Entwurfes zum Jagdgesetz, der sich zur Zeit bei Fachleuten der Lächerlichkeit preisgibt: Frank Ridderbusch und sein Behördenleiter Dr. Jens Jacob.

Details sind nicht die Aufgabe einer Laudatio, aber zwei, drei Höhepunkte des Entwurfs dürfen nicht unerwähnt bleiben. Ihren Koryphäen ist es gelungen, den Seehund aus der Liste der jagdbaren Tiere in Rheinland-Pfalz zu streichen. Eine heroische Tat - Kompliment!
Damit die Jägerklientel aber weiter etwas vor die Flinte bekommt, wurde die Nilgans neu aufgenommen, ein Tier, das immense Schäden anrichtet, die sich in der Addition auf die Summe von unglaublichen 0,00 Euro belaufen.
Den Begriff Hoch- und Niederwild abzuschaffen, dazu hätte allerdings auch ein Praktikant genügt, zumal der Unterschied einigen Jägern sowieso nicht präsent ist.

Ein Höhepunkt der Kompetenz dieser honorigen Herren ist aber – und das mit Ihrer Absegnung – die Jagdzeiten bis Ende Januar zu verlängern. Was kümmert sie auch das Geschwätz der Wildbiologen, dass Wildtiere gerade in dieser Zeit besondere Ruhe brauchen, weil sie ihren Energiehaushalt bei Frost sehr weit herunterfahren und eine stark eingeschränktenMobilität haben. Gerade wegen der eingeschränkten Mobilität ist es immer wieder eine Freude und Bestätigung für effektiven Tierschutz, wenn in dieser Zeit revierübergreifende, tierschutzwidrige Treibjagden durch Freizeitschützen stattfinden.
 
„Denn sie wissen nicht, was sie  tun“ (Lk. 23,34); hier hat der  Evangelist Recht, treffen doch in diesem Fall seine Worte ins Schwarze.
Weder kennen Ihre Experten den Wildbestand, sondern rechnen ihn hoch, noch konnte bisher jemand Ihres Hauses die „ungeheuren Schäden“ durch Schwarzwild beziffern. Dafür markige Worthülsen des Herren Ridderbusch „In der Sache selbst befürworten wir jedoch eine verstärkte Jagdausübung auf Schwarzwild, entsprechende Ansätze sind unserer Auffassung nach mit den bestehenden jagdrechtlichen Vorgaben nicht nur im Einklang, sondern sind vor dem Hintergrund jagdgesetzlicher Zielsetzungen geboten“.

Ja, Frau Conrad, mit Personalauswahl und Personalverantwortung ist das immer so eine Sache, zumal wenn die Umgangsformen der Hausherrin selbst einige Nachhilfestunden vertragen können - besonders im Umgang mit dem kritischen Tierschutz.
 
Es ist sicher müßig im Rahmen Ihrer Laudatio noch einige Worte zu Ethik und Moral, insbesondere zu Tierrechten, zu verlieren. Geht doch das unbestätigte Gerücht herum, dass bei Ihnen gerätselt wurde, ob das Wort „Ethik“ der lateinische Ausdruck für Saumagen ist. Wir helfen Ihnen insoweit, dass er es nicht ist. Was Tierrechte und ethischen Umgang mit Lebewesen jeglicher Art bedeutet, sollten Sie vielleicht, wenn es zeitlich machbar ist, selbst eruieren.
Auffällig war noch vergangenes Jahr die Tatsache, dass Sie sich gern mit Jagdfunktionären abbilden lassen und für sie immer ein offenes Ohr – im Gegensatz zum Tierschutz - haben.
Wir rätseln, ob es das fesche Tiermordgrün in der Kleidung dieser Herren ist, eine mögliche Affinität zu tapferen Männern, denen es oftmals gelingt, mit zwanzig Schützen einen gefährlichen Hasen zu erlegen, oder ob Sie eine emanzipierte Frau sind, die sich vom Blutgeruch nicht beirren lässt.
Wir können es nicht beurteilen, wie die Verhältnisse wirklich liegen; trotzdem wollen wir Ihnen nicht verschweigen, dass wir neulich en passant in Mainz das Wort von „puppet on a string der Jagd- und Agrarlobby“ über Sie  hörten, was uns dann doch empört hat, weil Politik und Lobbyismus ja nach unserem demokratischen Verständnis nicht zusammengehören; so etwas kann man sich auch in Deutschland nicht vorstellen, das kennt man ja nur aus Bananenrepubliken.
Oder wie ist es zu beurteilen, dass Straftatbestände in Ihrem Gesetzesentwurf in Ordnungswidrigkeiten umgewandelt werden und diese Ordnungsstrafen noch von Jagdbehörden verhängt werden, die wiederum mit Jagdgenossen besetzt sind?

Sehr geehrte Frau Conrad, wir wünschen Ihnen für die Zukunft eine glückliche Hand bei Ihren Aktivitäten, sonnen Sie sich im Ruhm, dass durch Ihre Ver- und Anordnungen unglaubliches Tierleid in Wald und Flur herrscht und wir schließen mit dem Wort eines Genies, nämlich mit einem Wort Leonardo da Vincis, das Sie – wir haben zwar keine Hoffnung - vielleicht doch nachdenklich stimmt:

Die Tiere leiden und erfüllen mit ihrem Seufzen die Lüfte.
Die Wälder fallen der Vernichtung anheim.
Die Berge werden ihrer Metalle beraubt.
Aber das menschliche Verhalten ist schnell, jene zu ehren,
welche durch ihr Tun der Natur wie der Menschheit
den größten Schaden zufügen.
Aber der Tag wird kommen, wenn das Töten eines Tieres
genauso als Verbrechen betrachtet wird wie das Töten eines Menschen.
Es wird die Zeit kommen, in welchem wir das Essen von Tieren
ebenso wie wir heute das Essen von Unseresgleichen,
die Menschenfresserei, verurteilen


(Leonardo da Vinci, 1452 bis 1519)

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